Noch stehen heute als Zeugen
dieser eigenartigen Verbindung zwischen Bürgern und Soldaten die alten
Siedlungsbauten, gleichzeitig als Ausdruck der hervorragend sachlichen
Baukultur jener Tage. Die zweigeschossigen Fünfachsen-Häuser mit der
Giebelstube für die Grenadiere in der Jäger-, Junker-, Brandenburger-,
Nauener-, Waisen-, Linden- und Schockstraße bestehen aus Fachwerk, zum Teil
mit gemauerten Frontwänden, besitzen einfache Satteldächer, mit Ziegeln
eingedeckt, und werden durch je zwei Brandgassen in jedem Block rythmisch
unterbrochen und gegliedert.
Weniger zahlreich erhalten sind
die Häuser für vornehme Beamte, die neben den Offizieren eine Oberschicht
der Bevölkerung bildeten. Wir finden sie am Kanale. Mit ihrem
zurückhaltenden architektonischen Schmuck, eindrucksvollen Mansarddächern
und kleinen Nebenhäusern für die Einquartierung zeigen sie die soziale
Distanz zwischen der oberen Klasse und den Soldaten an. Aber auch das
Bürgertum kam zu seinem Rechte. In zweigeschossigen Reihenhäusern unter
einem großen durchlaufenden Mansarddach besaß es ähnliche stattliche
Wohngebäude, wie die der Beamten und Offiziere es waren.
Das Reit- und Exerzierhaus des
Soldatenkönigs sodann, der sogenannte Lange Stall, mit seinen Fachwerkwänden
und technisch meisterhaftem doppeltem Dachstuhl ist ebensowohl Ausdruck der
soldatischen Persönlichkeit Friedrich Wilhelms I., als auch seines auf das
Schlichte und Zweckmäßige gerichteten Bauwillens. In der Garnisonskirche hat
weiterhin das militärische Element in dem Trophäenschmuck, dem Königsgrabmal
von der Hand der Schlüterschüler Feldmann, Glume und Koch und dem
politischen Symbol des "Non soli cedit", auf dem Turmhelm und an der Kanzel
nachdrückliche Verwertung gefunden. Der zur Sonne fliegende Adler kommt
nämlich als Wahrzeichen auf Kanonen und Fahnen seit 1713 vor und bedeutet
Preußens bewaffnete Macht, die sich dem "Sonnenkönige" entgegenwirft.
Das Militärische hat auch unter
Friedrich dem Großen, ganz abgesehen von den kriegerischen Allegorien der
Bildhauerkunst, der Stadt seinen Stempel bis heute aufgedrückt. Das zeigt
sich zunächst bei ganzen Straßenzügen in ehemaligen Kasernen, schlichten,
aber soliden Zweckbauten, wie wir sie in der Hohenzollern-, Linden-,
Berliner- und Gardedukorpsstraße, sowie am Kanal vorfinden. Neben diese
Bauten treten die künstlerisch anspruchsvolleren beim Lazarett des Regiments
Garde, Lindenstraße 25, beim Großen Milrtärwaisenhause und dem Gebäude der
Gewehrfabrik am Kanal. Die beiden letzteren wurden schon vom Soldatenkönig
gegründet, zur Zeit Friedrichs II. aber ganz neu gebaut und erweitert. Das
Waisenhaus diente in soldatischer Erziehung der Soldatenkinder zugleich
sozialen Zwecken, der Vorbildung für tüchtiges Handwerkertum, die
Gewehrfabrik brachte die Lütticher Gewehrarbeiter als
Bevölkerungsbestandteil nach Potsdam und war als Arbeitersiedlung, deren
Insassen einer Versicherungskasse gegen Krankheiten angehörten, bereits eine
soziale Schöpfung mit ganz modernen Zügen.
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